Mit #Neurowissenschaft und Achtsamkeit in 5 Schritten zu einem besseren Umgang mit der Zeit.
3 Sekunden! Ganze 3 Sekunden dauert sie, die Gegenwart! Für unser Gehirn. Nicht gerade viel, oder? Aber lang genug, um eine ganze Menge falsch zu machen. „Die Vergangenheit ist vorüber, die Zukunft noch nicht da. Der einzige Zeitpunkt, in dem wir leben, ist das Jetzt, die Gegenwart“, so Jon Kabat Zinn, Professor Emeritus für Medizin an der University of Massachusetts Medical School und Begründer des Center for Mindfulness.
Richtig! Doch wenn wir keine Zeit haben, uns hetzen, dann kommt uns gerade diese Gegenwart so kurz, so schnell, so rasend vor. Und manchmal empfinden wir auch das Gegenteil. Das macht unser sogenanntes Zeitmanagement so schwierig, ja oft unmöglich. Beginnen wir also mit uns, unserem Gehirn und suchen dort nach einer Antwort für unseren Umgang mit der Zeit.
Das subjektive Zeiterleben ist entscheidend
Was empfinden wir, respektive unser Gehirn, denn als Gegenwart? Untersuchungen zeigen als Dauer der subjektiven Gegenwartein Zeitfenster von etwa 2,5 bis 3 Sekunden. Nach dieser Zeit „verblasst“ die neuronale Spur, die der Reiz im Gehirn hinterlassen hat. Und diese 3 Sekunden empfinden wir nicht nur als „Gegenwart“, diese 3-Sekunden-Abschnitte finden wir auch in vielen unserer sozialen Verhaltensweisen, wie beispielsweise beim Händeschütteln und Winken, bei der Sprechrhythmik bis hin zum Rhythmus von Gedichten.
Die meisten neuro-psychologischen Untersuchungen zeigen, dass unser subjektives Zeiterleben mit dem „objektiven“ Zeitverlauf zumeist nicht übereinstimmt. Wir haben keinen „objektiven“ Taktgeber in unserem Gehirn. Das Zeitgefühl beim Menschen entsteht mit dem Ablauf einer Tätigkeit und hängt eng mit den damit verbundenen Denk- und Gefühlsprozessen zusammen. Und so hängt letztlich unsere erlebte Zeit eben auch davon ab, welche Menge und Qualität an Informationen wir aufnehmen.
Unsere innere Uhr tickt anders als wir denken …
Also, einen „objektiven“ Taktgeber haben wir offenbar nicht im Gehirn. Aber wir haben eine innere Uhr, die im suprachiasmatic nucleus des Hypothalamus sitzt und unsere Schlaf- und Wachzyklen steuert. Wie sie das genau tut, das weiß man noch nicht. Aber etwas sehr Wichtiges – vor allem in Hinblick auf unser Problem mit der knappen Zeit - weiß man dagegen schon: Diese innere Uhr läuft nicht gleichmäßig, sondern reflektiert die Umgebung, d.h. sie wird von Gedanken und Emotionen beeinflusst. “The brain has the ability to adjust temporal perception – and nothing warps time better than emotion” (Dr. Claudia Aguirre, The Neuroscience of Time”).
Diese innere Uhr geht schneller bei Angst und Stress, so dass wir einen Zeitraum als länger wahrnehmen, als er in Wirklichkeit ist. Zeigte sich sehr gut in einem Experiment, bei dem Teilnehmer während eines 30 Meter freien Falls gebeten wurden, ihre Armbanduhr zu beobachten. Was sie – wen wundert’s – nicht konnten. Ihre Zeitschätzung danach war ein Drittel höher als der tatsächliche Zeitverlauf. So geht’s uns im Stress. Die Geschwindigkeit der inneren Uhr und ihrer Zeiteinheiten sind variabel. Werden durch hohe emotionale Erregung in Gefahrenzuständen in einem Intervall viele Zeiteinheiten abgerufen d. h. " tickt die innere Uhr schneller", so erscheint uns ein Zeitintervall lang, weil viele Zeiteinheiten "vergangen sind". Unser Gehirn „dehnt“ also die Zeit.
„Fear distorted time, the stimulus being perceived as longer than it really was“, sagt Prof Sylvie Droit-Voletvon der Poitiers University in Frankreich nach einer großangelegten Untersuchung. Und: "Our perception of time is very revealing of our emotional state."Unsere wahrgenommene Zeit, unser Zeitempfinden reflektieren also unsere Gedanken und Emotionen. Eine Erkenntnis, die wesentliche Konsequenzen für unser „Zeitmanangement“ hat, wie wir weiter unten sehen werden.
Hast und Stress senken die Leistung
Aber es ist nicht nur die Zeitverzerrung, die unserem Zeithaushalt bei Stress und Emotionen zu schaffen machen. In einem representativen Experiment baten US-Neurologen die Teilnehmer zu einem Entscheidungsspiel mit Gewinnaussichten. Alle hatten die gleiche Zeit zur Verfügung, einem Teil der Teilnehmer wurde mitgeteilt, dass sie über ausreichend Zeit verfügen würden, dem anderen Teil wurde gesagt, dass die Zeit vermutlich knapp werden würde. Und es war diese Gruppe, die letztlich die weitaus schlechteren Ergebnisse hatte. “The mere awareness of their limited time triggered anxious emotions that got in the way of performance”, schreibt O. Burkeman im Guardianüber das Experiment.
Denken wir also die ganze Zeit, dass wir ja doch keine Zeit haben und schielen dabei ständig auf die (scheinbar) immer schneller sich bewegende Uhr, dann müssen wir uns über einen sich selbst verstärkenden Stress nicht wundern. Denn die Angst und der Stress, nicht fertig zu werden, läßt nicht nur die empfundene Zeit schneller laufen. Sie verursacht darüber hinaus auch einen Rückgang in unserer Fähigkeit, Prioritäten zu bilden und eine deutlich schlechtere Kontrolle unserer emotionalen Kräfte. Und beides ist nicht gerade leistungsförderlich! Hast ist also Zeitverschwendung.
“Manage your attention, not your time”
Was also tun? “The better you get at managing time the less of it you feel that you have” (Oliver Burkeman). Versuchen wir also nicht länger die Zeit managen zu wollen – was ohnehin unmöglich ist: können Sie die Zukunft schneller zu sich kommen lassen oder in die Vergangenheit zurück eilen? Nein! Also, setzen wir dort an, wo wir Einfluss haben, nämlich an unserer Fähigkeit, unser Denken, unsere Gefühle, vor allem aber unsere Aufmerksamkeit zu steuern. “Manage your attention, not your time” bringt es Jeremy Hunter, associate professor an der Peter F. Drucker Graduate School of Management, auf den Punkt.
Tja, und damit sind wir wieder bei der Mindful Solution. Achtsamkeit verstanden als #AufmerksamkeitsSteuerung, als präsent sein in der Gegenwart. Achtsamkeit werden wir nun anwenden auf unseren Umgang mit der Zeit. Sie sehen, ich spreche schon nicht mehr von “#Zeitmanagement”.
5 Regeln für einen besseren Umgang mit der Zeit
1. Die Aufmerksamkeit im Blick haben
Das geht nur mit “Innehalten”, immer wieder. Aussteigen aus dem Autopiloten-Modus. Den Selbst-Check-In machen: Wie geht es mir gerade jetzt – geistig, emotionell, körperlich. Tief Hineinhören. Wie empfinde ich gerade JETZT die Zeit? Ganz wichtig auch der “attention audit”: die Umgebung scannen, was hindert mich gerade am Fokussieren, was fördert meine Aufmerksamkeit? Und denken Sie immer daran: “Energy follows attention!” – da wo Sie Ihre #Aufmerksamkeit haben, dahin fließt auch Ihre Energie.
2. Die Absichten und Intentionen klären
Damit lenken Sie Ihre Energie in die gewünschte Richtung. Schon früh morgens sich darüber im Klaren sein, “Was will ich vom Tag? Vom Leben? Für was investiere ich meine Energie?”. Auch dazu braucht man das Innehalten und die Stille. Gerade morgens. Nur in der Stille sortiert sich der Geist, hört man die Intuition. Und auch immer wieder tagsüber: Innehalten, den Weg betrachten, dabei Barrieren und Widerstände wahrnehmen. Und ganz wichtig: die Freude nähren!
3. Dem inneren Rhythmus folgen
Oder anders gesagt: Ihre Eigenzeiten finden. Anerkennen, dass Sie eben nun mal ein Morgen- oder ein Abend-Mensch sind. Und damit Ihren ganz eigenen Lebens-Rhythmus haben. Sensibel oft am Tage Ihren Bio-Rhythmus wahrnehmen. Und aus beiden ableiten, wann für Sie der richtige Zeitpunkt für welche Aufgabe ist. Es gibt Zeiten des Entscheidens, der Gespräche, des Sortierens und Aufräumens, des Reflektierens und vieles mehr. Es gibt Zeiten der Langsamkeit und der Schnelligkeit. Leben ist Rhythmus und erfülltes Leben braucht den Rhythmus.
4. Zwischenräume schaffen / Übergänge feiern
“Es ist der Zwischenraum, der das Ganze ausmacht” und “Der Freiraum ist jener Raum, der uns mit unseren tiefsten Quellen verbindet, mit unserem Potenzial”, schreibt Fleur Wöss, meine Zen-Lehrerin, in Ihrem so klugen Buch “Innehalten”. Um Zwischenräume in unseren Alltag einfügen zu können, sollte zunächst das Arbeitspensum realistisch auf das Machbare begrenzt werden. Erkennen, wann “Feierabend” ist. Anfang und Ende von Arbeit, von Tätigkeiten und Aktivitäten markieren und zelebrieren. Pausen einplanen und einhalten. Dazu gehört auch, eine Aufgabe nach der anderen zu erledigen. Nicht durcheinander, nebeneinander. Sondern nacheinander! Freiräume für Denken und für Improvisation lassen. Damit auch Puffer für das Unvorhergesehene haben.
5. Verständnisvoll Nein-Sagen lernen
Mit liebevollem Verständnis “Nein” sagen lernen: zu sich selbst, zB. “ich check die Mails jetzt um 19 Uhr nicht mehr”. Zu anderen, wie “ich brauche die Zeit für mich”. Zur Perfektion, wie “auch mal etwas stehen oder liegen lassen”, “Mut zur Lücke”. Zu den eigenen Glaubensätzen etwa “nur im Stress bin ich gut”, “kann doch in der Arbeit nicht relaxt sein”, “mit Multitasking spare ich Zeit”. Auf keinen Fall jedoch: Nein-Sagen im Ärger! Weder Sie selbst noch die #Zeit ist Ihr Feind. Gehen Sie also sorgsam und verständnisvoll mit beiden um.
Falls Sie Interesse an einem Seminar dazu haben, dann schauen Sie doch einfach hier vorbei.
Damit wünsche ich Ihnen eine gute Zeit, einen achtsamen Umgang mit sich und der Zeit, ein produktives Leben im JETZT.
Mit achtsamen Grüssen,
Ihr Friedhelm Boschert
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